Ab dem 01.03.2017 erscheint hier wöchentlich eine Geschichte aus dem Interversum. Viel Vergnügen.

27.04.2017 mit leichter Verzögerung aus persönlichen Gründen, daher zwei Stories

I. Langsam trat sie an den gigantischen Spiegel, der den Raum beherrschte, heran. Seufzend strich sie sich durchs Haar und nahm die Halskette ab. Ehrfürchtig legte sie ihr Zeichen als Mitglied der Stimmen in die dafür vorgesehene Schatulle. Die letzten Tage waren aufwühlend und brachten viele neue Erfahrungen mit. Quero hatte sich als wahre Freundin erwiesen, und das Eis auf der ihr zugeteilten Loge hatte sich mittlerweile etwas gelockert. Die anderen Stimmen waren ebenfalls verunsichert, und auch ihrer Führerin Ashura merkte man an, dass die Spannung täglich wuchs. Die Clans brauchten neue Siege um die kritischen Stimmen der Generäle wieder zu besänftigen.

 

Whara sinnierte noch einige Zeit vor dem Spiegel, bevor die Einsamkeit ihrer Gemächer sie wieder vollends umschlang. Sie war es gewohnt alleine zu sein, auch lange nachdem sie und ihr Gemahl den Bund schließen durften. Ständig war er in Grenzpatrouillen und -gefechte verwickelt, und seine Landurlaube waren stets viel zu kurz. Dennoch war es nun was anderes. Eine Stimme war dazu verdammt, den Rest ihres Lebens alleine zu verbringen. Hinter den geschlossenen Türen ihrer Gemächer würde niemals das Lachen ihres Geliebten oder von ihrem Nachwuchs ertönen. Doch schlimmer als all das war der Verlust ihres Talismans. Mit Whara würde nun ihre Clanlinie enden. Der reine genetische Code ihrer Vorfahren war unwiederbringlich verloren, und auch ihre eigenen Gene würden nun auf keine nachfolgende Generation übergehen. Tränen schimmerten in ihren Augen und sie wandte sich schließlich von ihrem Spiegelbild ab und ging langsam in ihr Schlafgemach. Sorgsam schloss sie die doppelflüglige Tür hinter sich und legte ihre Gewänder ab. Als sie an ihre Schlafstatt trat wurde sie eines kleinen durchsichtigen Plättchens gewahr, welches auf der Decke lag. Whara warf mit großen Augen einen Blick durch ihr Schlafgemach. Sonst schien nichts verändert. Nachdenklich kehrte sie zu dem Plättchen zurück und griff danach. Gerade als sie feststellte, dass es sich um ein holographisches Übertragungsplättchen handeln musste, flammte bereits ein bläuliches Licht auf und projizierte ein Abbild Ashuras in den Raum.

 

Mit einem amüsierten Ausdruck in ihrem Blick ließ diese die Augen über Wharas entkleideten Körper wandern, bevor sie schließlich die Augen fixierte. Whara spürte ein unangenehmes Prickeln, doch die Überraschung verhinderte jede mögliche Reaktion. „Hallo Kind. Ich wollte eigentlich schon früher mit dir sprechen, doch du weißt ja was derzeit die Clans beschäftigt.“ Whara nickte stumm, während ihr entblößter Körper sich schmerzlich in den Vordergrund ihres Bewusstseins drängte. „Wir hatten bisher einfach zu wenig Zeit. Ich möchte dir meine Anerkennung zur Initiierung als Stimme aussprechen. Sei dir gewiss, dass auch der fünfte Grad der Initiierung für den Fortbestand der Clans wichtig ist.“ Ashura hob zu einer bedeutungsvollen Pause an und blickte Whara intensiv in die Augen. „Whara, ich weiß, dass deine Situation im Moment nicht einfach ist. Doch ich weiß auch, dass du die stärkte aus dem Wurf bist. Ich kannte deine Eltern, insbesondere deine Mutter. Die Clans brauchen dich....ich brauche dich. Ich kann jetzt und hier nicht frei reden, aber ich möchte, dass du morgen nicht zur Versammlung der Stimmen erscheinst. Erkläre, dass du krank bist und such mich in meinen Gemächern auf. Versichere dich, dass du alleine bist und niemand dir folgt. Und Whara, richte dich auf eine Reise ein.“ Die Übertragung endete abrupt und das Plättchen zersprang mit einem leisen Knacken.

 

Whara stand wie versteinert vor ihrem Bett. Ihre Gedanken überschlugen sich und versuchten das Unfassbare zu verstehen, dessen Zeuge sie gerade geworden war. Die Herrin der Clans wandte sich direkt an sie? Sie wandte sich ihrem Schrank zu und hüllte sich in ihr Schlafgewand. Es schien so, als müsste sie ihre neu gewonnene Freundschaft zu Quero mit einer Lüge fortsetzen. Doch warum diese Geheimniskrämerei? Die Clans waren zwar unruhig, aber Ashura führte sie nun schon seit fast zwei Jahrzehnten. Jemand der sich so verdient um das Volk der Wohurd gemacht hat, sollte es nicht nötig haben heimlich zu agieren. Sie ging schließlich ins Bett und beruhigte ihren Geist. Der kommende Tag würde all ihre Kräfte in Anspruch nehmen, und sie wollte in jedem Fall gerüstet sein.

 

 

II. Wohlwollend blickte sie auf die surrenden und tuschelnden Stimmen herab. Zuversicht durchströmte endlich wieder durch die altehrwürdigen Hallen, und Ashura genoss diese sichtlich. Die Unruhe der letzten Tage war mehr als ungewöhnlich gewesen. Es war ein wenig, als wäre sie hinter den muskulösen Schulterpartien ihrer beiden Ehrenwächter unsichtbar für die anderen. Vor langer Zeit war sie selbst eine der ihren. Frei Ängste und Zweifel zu empfinden, frei zu scherzen und zu lachen und auch beschenkt mit der Unbeschwertheit der Jugend. Doch sie hatte sich ihre Position hart erarbeitet. Sie gestattete sich kurz das Hochgefühl erneut zu genießen, als sie einst die Stufen zum Thron erklomm, während das Blut ihrer ärgsten Rivalin von ihren Klauen rann. Langsam richtete sie sich auf und es kehrte schlagartig Ruhe im Saal ein. Ein paar Momente ließ sie die Ruhe für sich wirken. Ihre Hand hob sich, und gab das Signal. Der gewaltige Holoprojektor, der die gesamte Kuppel des riesigen Saales umfasste, flammte auf und zeigte die Außenkameras der Kolara. Ashura nahm wieder erhaben Platz auf ihrem Thron. Dies würde eine Machtdemonstration werden.

 

 

 

Langsam nährte sich die Flotte dem Feind. Stumm verfolgte der gesamte Saal gebannt den Vorgängen, die viele Lichtjahre entfernt ihren Fortgang nahmen. Jubel brandete auf, als die Schutzvorrichtung der Madhen fiel und und eines der Schiffe unter der Wucht der Angriffe zerbarst. Die anderen beiden Schiffe waren ebenso hilflos, und ekstatische Schreie mischten sich in die allgemeine Heiterkeit im Saal, als auch deren Verteidigung hinweg gefegt und das Entern des Flaggschiffs vorbereitet wurde. Herzschläge vergingen, während das All außerhalb der Schiffe, frei von jedem Gefühl und jedem Geräusch, dunkel und still die Szenerie feilbot. Gespannt wartete jeder von ihnen auf den Beweis, dass das letzte Schiff des Feindes aufgebracht worden war. Viele der Stimmen hatten sich teilweise entblößt und räkelten sich in lasziven Posen. Lange schon hatten sie nichts zu feiern gehabt, und all ihre Anspannung der letzten Monate war auf einen Schlag abgefallen. Es fehlte lediglich der eine Tropfen, der den Damm brechen würde.

 

 

 

Zum Entsetzen aller zuckte ein greller Lichtblitz über den Bildschirm auf, gefolgt von einer lautlosen wie tödlichen Flammenwelle. Die Außenkamera der Kolara sendete noch kurz nach dem Einschlag weiter und fiel schließlich ob der Schäden, unter Senden weiterer verzerrter Bilder und eines brennend abdrehenden Kreuzers, aus. Der Saal war still, stiller als er es je war, wenn sich niemand in ihm aufhielt. Ashuras Herz stockte, ihre Gedanken überschlugen sich. Hatte es wirklich wieder schief gehen können? Nein, nein das konnte nicht sein. Kein Explosionsradius konnte die gesamte Flotte gefährden. Und Wertok war ein viel zu verschlagener Kommandant, als dass er alles auf eine Karte gesetzt hätte. Der Nachrichtenoffizier versuchte am anderen Ende des Raumes hektisch neue Informationen zu erhalten, während das Lachen und die Freude im Saal einem lauten Wehklagen gewichen war. Die Schwärze des holographischen Bildes war beunruhigend, doch Ashura fand, dass es im Moment vielleicht ganz gut war. Der Offizier suchte ihren Blick und nickte kaum merklich, und sie gab ihm zu verstehen, dass er die Übertragung fortsetzen konnte. Die Kameras eines der Begleitschiffe zeigten erneut die Szenerie. Es war nicht so schlimm wie befürchtet, auch wenn die Kolara deutliche Schäden erhalten hatte. Bis auf die Mastede schien die gesamte Flotte mehr oder weniger intakt zu sein, auch wenn die Bilder der Wrackteile des einst so stolzen Schiffes zu weiteren Trauerausbrüchen bei den Stimmen führte.

 

Ashuras Puls beruhigte sich langsam, und sie stand aufrecht vor ihrem Thron. Nach und nach erblickten ihre Stimmen sie und kamen ebenfalls zur Ruhe. Die Tränen flossen nun stumm die Wangen der versammelten Frauen herab. Sie räusperte sich, denn sie musste sich erklären. Ein Schiff Verlust, einen Quadranten gewonnen und die Rache erreicht. Es hätte wahrlich schlimmer kommen können. Sie hob gerade zu ihrer Rede an, als der Nachrichtenoffizier eifrig winkte. Sie fixierte ihn. Panik stand in seinen Augen und er benutzte seine freie Pranke, Informationen in das Display vor ihm einzugeben. Der Blickwinkel auf dem holographischen Bild wechselte. Einen kurzen Moment sahen die Stimmen mehrere Energiestrahlen und Raketen, die direkten Kurs auf die Kamera hielten, bevor das Bild abermals ausfiel und zuletzt nur ein Meer von neuerlichen Explosionen sandte.

 

 

 

Ashura stand immer noch mit offenem Mund dar. Eine unbekannte Schwäche befiel ihre Glieder und zittrig stützte sie sich an ihrem Thron ab. Sie versuchte die Situation zu erfassen, doch dafür gab es keine Erklärung. War die feindliche Flotte nicht geschlagen? Gab es einen erneuten Angriff? Das Klagen im Saal schwoll zu einem Crescendo an, doch diesmal versuchte Ashura gar nicht erst, die Ruhe wieder herzustellen.

 

 

13.04.2017

 

 

Die Lehnen seines Kommandosessels stöhnten bedenklich unter seinem harten und pressenden Griff. Wertok wusste was auf dem Spiel stand. Der Sieg war ihm gewiss, doch er musste vollständig sein. Alles andere als geringe eigene Verluste wären ein Schandfleck in seiner bisher tadellosen Karriere. Nur so konnten die Clans ihr Gesicht wahren und ihre Ehre wiederherstellen. Aus Wertok's Sicht hätte es zu diesem Fiasko niemals kommen dürfen. Aber durch das Versagen anderer konnte er nun beweisen, dass sein Kommando zur Speerspitze im Grenzraum gehören sollte. Und auch die Aussicht sich ein Weib wählen zu dürfen wäre mehr als angemessen für seinen zu erwartenden Sieg.

 

Kurz bellte er ein paar Befehle. Er würde weder lange fackeln, noch groß taktieren. Mit der Kolara stand ihm eines der modernsten Schlachtschiffe der Flotte zur Verfügung, und sie alleine besaß mehr Feuerkraft als diese sich strategisch unklug formierenden Feindschiffe. Dazu wurde sein Flaggschiff flankiert von der Fiera und Mastede, zwei Kreuzern der Rudelklasse. Feine schnittige Schiffe mit gewaltiger Feuerkraft und einer hohen Wendigkeit. Es war nicht lange her, dass er noch die Fiera selbst kommandiert hatte. Die beiden anderen Kreuzer der Rottenklasse waren zwar schon deutlich in die Jahre gekommen, aber sollten es jeweils spielend mit den Feindschiffen aufnehmen können.

 

"Sir, unsere Kommunikationsrelais funktionieren lediglich auf den Kurzstreckensignalen", rief ihm sein Kommunikationsoffizier unter dem tosenden Dröhnen der Maschinen zu. Wertok überlegte kurz und nickte ihm zu. Es würde keinen Unterschied machen. So lange er mit seiner Flotte kommunizieren konnte, hatten seine Feinde keine Chance.

 

Die Verteidiger hatten ihre Formation eingenommen und warfen ein paar Drohnen aus. Wertok war eher genervt von dieser Aktion, als ob diese Vorgehensweise in irgendeiner Form den Ausgang des Kampfes beeinflussen würde. Wieder bellte er einige Befehle, die seine Leute ohne zu zögern ausführten. Die glänzenden massiv legierten Leiber der Fiera und Mastede schoben sich an den Flanken der Kolara vorbei, während die anderen beiden Schiffe sich standesgemäß hinter seinem Flaggschiff einordneten. Ihnen oblag lediglich das aufwischen der Reste, der Angriff im zweiten Treffen.

 


Die beiden Flotten gingen auf Gefechtsgeschwindigkeit. Während sich die Clanflotte eng formierte zogen die Schiffe der Madhen leicht auseinander. Die Drohnen nahmen eine kreisende Formation vor den Madhen Schiffen ein. So bald die Langstreckendistanz erreicht war lösten sich hunderte von Legierungstorpedos aus den Reihen des Clans. Die Schiffe der Madhen drehten jedoch nicht wie erwartet bei, sondern die Drohnen nahmen Geschwindigkeit auf und detonierten in den Torpedoschwärmen und fingen sie somit ab. Weitere Drohnen starteten von den Madhen Schiffen, die jedoch ansonsten auffallend passiv waren. Die beiden großen Kreuzer der Clans, Fiera und Mastede, scherten unter Ausstoßen weiterer Torpedos diagonal aus. Nun preschte die Kolara mit einer unglaublichen Geschwindigkeit vor und feuerte einen massiven Energiestrahl auf die MK Criuda ab. Mehrere Drohnen manövrierten in diesen Strahl doch konnten ihn nicht abschwächen und verglühten ob der schieren Kraft dieser Waffe. Die Ciura leitete ein Notmanöver ein und versuchte aus der Flugbahn abzutauchen. Der Strahl schlug oberhalb der Kommandobrücke ein und schnitt tief in die Eingeweide des Schiffes, bis er auf der anderen Seite durchbrach und das Schiff halbierte. Hunderte Madhen starben innerhalb der ersten Sekunden. Weitere Explosionen zerrissen den restlichen Rumpf der Ciura und das brennende Wrack trieb ohne erkennbare Rettungsmaßnahmen seiner Besatzung knapp an dem Flaggschiff der Madhen vorbei. Die Jerell brach aus der Formation aus und versuchte beizudrehen. Lediglich die Beraadi hielt verzweifelt den Kurs und hielt am ursprünglichen Plan fest. Die Distanz der Flotten verringerte sich weiter, und mehrere Torpedos durchbrachen den nun geringeren Drohnenwall. Die Beraadi erhöhte das Tempo und mehrere Torpedos streiften die Außenhülle nur knapp. Bei der Jerell hingegen trafen mehrere von ihnen die Flanke. Die Einschlagsexplosionen waren jedoch gering, und die Jerell erwiderte das Feuer mit ihren Plasmawaffen auf die Fiera. Auch die Beraadi konzentrierte das Feuer auf das Clanschiff, und leichte Treffer durchschlugen die Außenhülle der Fiera. Diese legte einen Notstop ein und wurde sofort von den beiden folgenden feuernden Kreuzern überholt. Schwere Treffer an den Antrieben der Jerell führten dazu, dass sie manövrierunfähig wurde, bevor weitere Torpedos ihr Ende einläuteten. Die Beraadi war derweil umringt von der Mastede und der Kolara und lieferte sich ein wildes Feuergefecht. Die Einschläge konzentrierten sich auf die Waffensysteme der Beraadi, die nach kurzer Zeit wehrlos und stark getroffen dem überlegenen Gegner gegenüberstand. Mehrere Enterkapseln der Mastede lösten sich von deren Außenhülle und dockten an der Beraadi an.

 

 

 

"Das dritte Deck ist gefallen", brüllte sein Waffenoffizier. Tribaa hörte nur halbherzig zu. Es war, wie er erwartet hatte. Nun, nicht ganz. Eigentlich war er von einem Enterversuch all seiner Schiffe ausgegangen. Umso mehr dieser Affen hätte er mit in den Tod reißen können. Der Kampflärm wurde lauter, sie waren schon auf den Gängen zur Brücke. "Alle Energie auf den Bordcomputer. Ich möchte, dass die Kopplung an meine Lebensfunktion durch nichts beeinträchtigt wird." Eine der Brückentüren wurde mit einem lauten Knall aus ihren Fugen gesprengt. Durch den Rauch traten mehrere der riesigen Krieger, schwer gepanzert und mit Nahkampfwaffen ausgestattet. Hibiil und drei der Sicherheitsoffiziere eröffneten sofort das Feuer, welches jedoch von der Rüstung absorbiert wurde. Ein Wohurd trat vor und packte einen der Sicherheitsoffiziere am Hals und hob ihn spielend leicht in die Höhe. Die Tentakeln zuckten wild und schlugen auf den Angreifer ein. Dieser drückte jedoch eiskalt zu, brach dem Offizier das Genick und warf ihn verächtlich nach hinten in den Raum. Weitere Soldaten strömten auf die Brücke, so dass bald ein wildes Gerangel tobte. Die Madhen waren chancenlos. Ihre Waffen hatten keine Wirkung, und sie als provisorische Nahkampfwaffen einzusetzen war ebenso hoffnungslos gegen die perfekten Tötungsmaschinen vor ihnen. Der Kampf war verzweifelt und schnell vorbei. Hibiil wurde von gleich drei Waffen durchbohrt. Seine massige Gestalt und die starken Tentakeln erschlafften langsam, während sich das Blut grün am Boden zu einer Lache sammelte. Tribaa war wie der Fixpunkt im Auge des Orkans um ihn herum. Es war hart, die flehentlichen Blicke seiner Offiziere und ihr Ende ansehen zu müssen. Seine Tentakeln waren hinter seinem Rücken verschränkt, er würde nicht um sein Leben kämpfen. Nicht einmal um es bitten. Bald war nur noch die Warnsirene und das Röcheln der Sterbenden zu hören. Langsam zog sich der Kreis der Eindringlinge um ihn. Er unterdrückte ein Lächeln. Sein letzter Triumph er war so nah. Die Konsole neben ihm blinkte auf. Weitere Schiffe waren scheinbar aufgetaucht. Als ob fünf von Ihnen nicht ausgereicht hätten. Einer der Krieger trat auf ihn zu und stieß seine Klinge tief in seinen Leib. Fasziniert sah Tribaa auf die Klinge, die getränkt von seinem Blut wieder zum Vorschein kam. Langsam gaben seine Tentakeln unter seinem Körpergewicht nach. Er verspürte keinen Schmerz. Sein letzter Gedanke galt Baarit, während er gestützt an seinen Mörder langsam zu Boden sank und seinen letzten Atemzug tat.

Eine gewaltige Explosion zerriss die Beraadi. Der Explosionsradius erfasste auch die Mastede und die etwas weiter entfernte Kolara. Einen kurzen Moment widerstanden die Schilde der Mastede, dann brachen sie jedoch zusammen und eine Folge von weiteren Explosionen zerriss den Rumpf. Auch die Schilde der Kolara kollabierten unter der gewaltigen Wucht. Die Panzerung brach an einigen Stellen und Feuer schlug aus dem Rumpf, doch das Schiff hielt.

 

 

 

Hektische Gestalten huschten über die rußverhangene Brücke. Sie versuchten das Feuer unter Kontrolle zu bringen. Wertok starrte aus blutunterlaufenen Augen auf den Stahlträger, der quer über seinen Beinen lag. Die Explosion hatte ihn aus seinen Sessel geschleudert und der Träger ihn unter sich begraben. Neben ihm lag sein erster Offizier mit zerschmettertem Schädel. Wertok spürte seine Beine nicht. Was war passiert? Zwei seiner Leute machten sich an dem Träger zu schaffen und Wellen von Schmerzen durchfluteten seinen Körper. Mühsam konzentriere er sich auf die Rufe seiner Offiziere."Drei weitere Schiffe aufgetaucht mit Kurs auf uns. Moment. Es sind welche von uns." "Status im Lagerraum 2 unter Kontrolle" "Das Feuer in Frachtraum 1 hat auf die Mannschaftsquartiere in der dritten..." "Die Mastede scheint komplett vern..." Mit einem wilden Brüllen stemmte er sich mit all seiner Kraft gegen den Träger und schleuderte diesen von seinen leblosen Beinen. Seine Pranken gruben sich tief in die Lehnen seines Sessels, und mit einem weiteren Schrei, diesmal aus Wut, zog er sich hoch und setzte sich. Der Bildschirm vor ihm war nahezu zerstört, visuelle Informationen somit nicht verfügbar. "Ich benötige einen vollständigen..."

 

 

 

Die drei neuen Schiffe waren in dem blutigen Chaos näher an die Kolara herangekommen. Auch die Fiera war zur Hilfeleistung herangekommen, während die beiden anderen Kreuzer in engem Radius einen Schutzkreis um ihr Flaggschiff zogen. Alle drei Schiffe hatten keine offizielle Kennzeichnung, aber es handelte sich eindeutig um Schlachtschiffe der Schwarmklasse. Ohne Warnung eröffneten sie auf der Kurzdistanz das Feuer auf die Fiera und die Kolara. Die konzentrierte Feuerkraft riss die geschwächte Verteidigung sofort nieder und schwere Explosionen erschütterten beide Schiffe. Die Fiera zerbrach und die Wrackteile trieben in die Flanke der Kolara. Weitere Brände brachen aus. Die Kolara war verloren. Die beiden Kreuzer versuchten beizudrehen und das Feuer zu erwidern, doch waren sie bereits in das Fadenkreuz der drei unbekannten Schiffe geraten. Chancenlos zerbarsten sie schließlich in dem Sperrfeuer der Schlachtschiffe.

 

 

 

Die gesamte Schlacht hatte nicht lange gedauert, und die Wrackteile der acht Schiffe trieben nun in einem unsteten Trümmerfeld in der Nähe des Planeten Asparin 3. Die drei Schlachtschiffe verweilten noch einige Zeit und setzten dann einen unbekannten Kurs.

 

 

 

05.04.2017

 

 

Tribaa bestätigte mit seiner Tentakel den letzten Transfer auf der Kommandokonsole. Seufzend lehnte er sich in seinen weichen und augenscheinlich teuren Sessel zurück. In seinem Kopf schwirrten die Zahlen, mit denen er die letzten Stunden zugebracht hatte. Er war es gewohnt, sein beträchtliches Vermögen zu verwalten und jederzeit im Auge zu behalten. Doch in dieser kurzen Zeit waren einfach zu viele Optionen zu bedenken und Entscheidungen zu treffen gewesen. Nun konnte er zufrieden sein. Ein kleines Lächeln schlich sich auf seine Lippen. Seine Familie konnte stolz auf ihn sein. Held von Asparin. Welcher Mad'hen hatte in den letzten Jahrzehnten größere militärische Wunder vollbracht? Und dank seiner Aktivitäten an den Wettschaltern hatte er in jener glorreichen Nacht auch sein Vermögen mehr als vervielfacht. Mit einer etwas längeren Lebensdauer hätte er nun wahrscheinlich einen Sitz im Rat der Zehn eingenommen und von den Früchten seiner Gerissenheit profitiert. Stattdessen würden seine Kinder den erworbenen Reichtum unter sich aufteilen und ihrer eigenen Wege gehen, ohne seine Anleitung, seinen Rat und auch seine Kritik. Liebevoll dachte er an die Zwillinge Baarit und Ritbaa, die jüngsten seiner Kinder. Stets wuselig und kaum zu halten, wenn er denn einmal zu Hause war. Baarit würde sicherlich in seine Fußstapfen treten, denn ihre Intelligenz stellte schon in jungen Jahren die der Gleichaltrigen und Älteren weit ins Hintertreffen. Ritbaa, nicht minder schlau, würde jedoch zügellos und ungehemmt ihren Anteil verschleudern. Woher sie diese Gleichgültigkeit materiellen Dingen gegenüber hatte konnte er nicht sagen. Wahrscheinlich war seine damalige Gefährtin doch nicht so ideal, wie die Überprüfungen ergeben hatten. Dafür waren die Recherchen jedoch auch nicht so kostenintensiv wie stets zuvor gewesen und die Vereinigung hatte ihm immerhin Baarit geschenkt.

 

Tribaa stemmte sich aus seinem Sessel und sperrte die Konsole. Auch in seinen letzten Minuten musste er ja kein Risiko eingehen. Sorgsam richtete er sein Gewand und wählte seine wertvollste Kette, ein Lieblingsstück seiner Mutter. Nachdem er seine Kabine gesichert hatte, glitt er so würdevoll und selbstbewusst wie möglich durch die Gänge zur Brücke. Jedes Crewmitglied, dem er begegnete, brachte ihm tiefste Verehrung entgegen. Tribaa genoss es sichtlich und nahm sich die Zeit, seinen Untergebenen für ihren Einsatz zu danken und ein paar persönliche Worte mit ihnen zu wechseln. Auf der Brücke waren seine gesamten Offiziere anwesend und salutierten ihm zu, was er erwiderte. Seit zwei Jahren hatten sie zusammen den Asparin Quadranten gesichert. Millionen Lebenslichter waren ihnen anvertraut worden, und lukrative Geschäfte bedurften ihres Segens, was nicht zum ihrem Nachteil war. Als sie hörten, dass die Wohurd mit Kurs auf Asparin gesichtet worden waren, waren sie ruhig geblieben und hatten ohne zu zögern jeden seiner Befehle ausgeführt. Auch als er den unverschämten Preis der Kuuk'uri für deren Dienste entrichtete, was zu ihrer aller Lasten gehen sollte, kam kein Widerspruch. Doch der Wind hatte sich nun gedreht. Keine Summe in diesem Interversum hätte dazu geführt, dass die Kuuk'uri oder sonst wer jetzt an ihrer Seite stehen würde, den dunklen Sturm und die Rache der Wohurd erwartend. Es war schwer genug gewesen die Zivilschiffe der Asparin Planeten am Start zu hindern, so wenige Einheiten standen Tribaa noch zur Verfügung. Auch vom Oberkommando kam keine Hilfe, im Gegenteil. Jeder von seiner Crew hatte bereits ein offizielles Schreiben erhalten, mit dem Dank für die großartigen Dienste, dem Bedauern über den bevorstehenden Tod und die entsprechende Kompensationszahlung für die Familie.

 

Als die ersten Schreiben vor ein paar Wochen kamen waren sie alle gefasst gewesen. Doch dieses Mal trafen sie um so mehr von jedem das Innerste. Alleingelassen, wieder einmal. Und die Kompensationszahlung war trotz allem noch in selbiger Höhe.

 

Ich habe euch nichts zu sagen. Wir alle werden sterben. Die Scanner sind eindeutig, den Schiffen die Kurs auf uns halten haben wir nichts entgegenzusetzen. Der Rat und das Oberkommando des Konglomerates werden unseren Tod in Andenken halten und eure Familien entschädigt werden. Ich möchte, dass wir nicht in den Bodenkampf gehen, die planetaren Verteidigungen stehen uns daher nicht zur Verfügung. Vielleicht haben diese grotesken Tiere den Anstand, die nicht kämpfende Bevölkerung zu verschonen. Ihr wisst, ein unterdrücktes Leben ist trotz allem ein Leben“, er holte tief Luft und sah die flackernden Augen seiner Untergebenen, „doch werden wir ihnen etwas bieten, was sie nicht erwarten.“ Er genoss es sichtlich, dass die anderen ihn mit einer Mischung aus Neugier, Hoffnung und Skepsis ansahen. Schließlich nickte er seinem ersten Offizier zu. Hibiil trat vor und setzte mit gewohnt autoritärer Stimme, für Tribaa wie immer eine Spur zu laut, an, die Pläne seines Kommandanten auszuführen. „Die Feinde werden unsere Verteidigung überwinden. Sie werden jeden einzelnen von euch Gewürm ausweiden, und euer Licht ein für allemal auslöschen. Doch in dem Moment, wo die Enterkommandos unsere Brücke stürmen werden, wird die MK Beraadi explodieren. Hierfür hat euer Kommandant die Selbstzerstörung bereits ausgelöst und an sein Lebenssignal gekoppelt. Unser Frachtraum, wie auch der der MK Criuda und MK Jerell, sind in den letzten Stunden mit hochexplosivem Vesuvium Sprengstoff gefüllt worden. Wir werden vergehen...aber wir gehen nicht alleine.“ Die Reaktionen der Offiziere waren gemischt, doch überwiegend stellte sich eine grimmige Verbissenheit ein. Wenn nichts mehr übrig blieb, war die Aussicht auf grenzenlosen Ruhm nicht das Schlechteste, was man erwarten konnte.

 

Die Beleuchtung auf der Brücke schlug urplötzlich um und tauchte alles in ein beunruhigend rotes Licht. Hektisches Treiben setzte ein, als jeder seine Station bemannte. Tribaa nahm gefasst auf seinem Sessel Platz. „Schilde hoch, die Barken eins bis fünf startklar machen und in einer Sechs-Omega-Formation vor uns bringen. Ruft die Criuda und die Jerell und legt sie auf mein Headset. Sprengköpfe auf Überladen einstellen und Hangar sieben abstoßen. Peilung auf den Terzi Satelliten, Feuer auf mein Kommando in Gell-Riot Muster, achter Verzögerung“. Die drei Kreuzer formierten sich und richteten sich auf die Satelliten aus, während unmittelbar vor ihnen fünf gewaltige Schiffe auf den Kurzstreckenscannern erschienen.

 

 

29.03.2017

 

 

Ein Windstoß ließ die Flammen der Fackeln, die den uralten Altar des Clans der Bor'bai, der roten Klauen, flankierten erschaudern. Wie eine klaffende Wunde zuckten die Augenlider der unförmigen und sehr großen Gestalt, die vor dem Altar kniete, nach oben, nur um sich sofort wieder zu verengen. Die Stille in der Höhle wurde nur vom Knistern der Flamme und dem Quietschen und Knarzen der Lederkleidung der großen Gestalt durchbrochen. Mit einer für die Größe unglaublich schnellen Drehung fuhr der Körper herum und bevor die in ein langes Kapuzengewand gehüllte Gestalt, die soeben den Raum betreten hatte, reagieren konnte, lag bereits eine Klinge an ihrer Kehle und eine Pranke hielt einen der Arme fest im Griff und verdrehte ihn schmerzhaft.

 

Die Kapuzengestalt zuckte merklich zusammen, beherrschte sich jedoch sofort wieder, als ein Rinnsal blauen Blutes den Hals hinablief. Nur der keuchende Atem des Gefangenen war zu hören, während von seinem Peiniger kein Ton kam. Minuten vergingen, während der Größere von beiden scheinbar angestrengt in die Dunkelheit des einzigen Ganges der zur Höhle führte lauschte. Langsam lösten sich Griff und Klinge, die er, bevor er sie wegsteckte, kühl und ruhig am Gewand seines Opfers sauber wischte. Sein Gegenüber leistete keinen weiteren Widerstand und verharrte so ruhig es ihm möglich schien. Die Prozedur über sich ergehen zu lassen bedeutete Leben. Als der Hüne sich umdrehte und abermals vor dem Altar niederkniete räusperte sich der Kapuzenträger und begann mit leicht zittriger Stimme zu sprechen "Verzeiht, Lord, mein Eindringen. Mir wurde gesagt ihr würdet mich hier erwarten. Ich bin Al'biena'il'rekiÄaramara et...." Ein Knurren unterbrach ihn abrupt, und es klang nicht beruhigend. Tief holte er Luft "nun....Reki mag euch genügen. Ich bin hier um unseren Pakt zu besiegeln, ganz so, wie es stets euer Wunsch war."

 

Der Riese verfolgte weiter sein Gebet oder seine Andacht, nur gelegentliches Gemurmel war zu hören. Reki wurde abermals nervös und trat von einem Bein auf das andere. Er verkniff sich, weiter zu reden. Die bedrohliche Gestalt vor ihm würde nicht viel brauchen, um ihn seines Lebens zu berauben. Und wer oder was war er schon. Eines sicher....austauschbar. Also beschloß er zu warten.
Nach einer Weile endete das Gemurmel. Der Koloss verneigte sich vor dem Alter und stand nun wesentlich umständlicher auf, als er sich zuvor bewegt hatte. Sämtliche Anmut und Eleganz war aus seinen Bewegungen verschwunden. Als er sich zu voller Größe aufgerichtet hatte überragte er Reki um mehr als eine Haupteslänge. Reki war für einen Periden sehr hochgewachsen, und auch in der Gesellschaft anderer Spezies hatte er sich nie klein und unbedeutend gefühlt. Doch sein Gegenüber war ihm in allem so überlegen, dass er sich wie der Grünling, der er einst war, vorkam. Das mit krausem grauen Haar bedeckte Maul nährte sich seinem Gesicht bis auf wenige Zentimeter an, und der saure Atem verschlug ihm fast den Wunsch Luft zu holen. Die gelb-roten Augen bohrten sich tief in seine und Todesangst keimte in ihm auf. "So sei es" knurrte der Riese. "Übermittel meinen ....nunja Dank. Ich werde meine Zusagen halten." "Nun, ihr werdet es sicherlich nicht bereuen,"Reki holte einen Transmitter hervor und bestätigte den Handel per Fingerscan,"Die Periden Konföderation...."weiter kam er nicht, weil eine der gewaltigen Pranken sich um seinen Hals schloss. Verdutzt wollte er noch um Gnade flehen, doch nichts als ein Röcheln entrang sich seinen zerquetschten Stimmbändern während seine Füße hilflos in der Luft hingen. Langsam sah der Hüne zu, wie das Licht in den Augen von Reki erlosch. Wie ein Stück Abfall warf er den Periden in eine Ecke des Alterraumes. Er würde seinen Teil des Paktes halten. Doch keine wimmernde Ratte durfte diesen Raum betreten. Das würden seine Partner schon verstehen, wie sie doch immer alles verstanden. Ein verächtliches Lachen erfüllte den Raum, als das Dunkel des Ganges ihn verschluckte.

 

 

22.03.2017

 

Er aktivierte den Autopiloten und schob sich langsam aus dem unbequemen Sessel. Er hasste das Reisen im All schon immer, doch umso mehr hasste er, wenn er sich auch noch selbst betätigen musste. Diesmal führte jedoch kein Weg daran vorbei. Uvullu hatte bereits unglaubliche Anstrengungen hinter sich um dieses kleine Schiff zu erwerben und sich von Asparin zu entfernen. An das Anheuern eines Piloten, oder zumindest einer Gesellschafterin, hätte für ihn einen kleinen Ruin dargestellt. Auch die Vertraulichkeit hatte dieser Option mehr als im Weg gestanden, betrachtete man das Material dem man in den letzten Tagen auf Asparin über den Weg lief. Zudem herrschte dort seit dem Überfall ein striktes Startverbot für zivile Schiffe aller Art, und die Konzessionen und Bestechungsgelder hatten einen Großteil seines Vermögens aufgebraucht. Nun ärgerte er sich, denn erst mit dem sicheren Abstand zum Planeten konnte er Luft holen und ob des Verlustes des hart erarbeiteten Gewinns trauern. Doch würde ihn sein Schatz unerlässlich reich machen, und auch die Sicherheit seines Lebens, fern von Asparin, war das Gold wohl wert gewesen. Ein Ruck ging durch das Schiff, und Uvullu hatte Mühe sich festzuhalten. Er schickte ein kurzes Stoßgebet an seine Ahnen, dass dieses Schiff nicht sein Grab werden möge, und zog sich mühsam weiter in das Heck des Schiffes. Er wollte unbedingt noch einmal seine kostbaren Habseligkeiten inspizieren. Sie würden ihn wie immer schon wieder aufmuntern. Und, sollte er nicht noch etwas Zeit haben, bevor der vereinbarte Kontakt zu Stande käme? In freudiger Erwartung rieb er seine Tentakeln aneinander.

 

Die Alarmsysteme des Schiffes schrillten mit einem Mal hoch, rotes Licht durchflutete den Innenraum und verhieß nichts Gutes. Panisch drehte Uvullu um und schlurfte so schnell ihn seine Tentakeln trugen zurück zu dem verhassten Sessel. Unmittelbar vor seinem Schiff, wie er zu seinem Entsetzen durch die Scheibe im Cockpit beobachten konnte, verschwamm das beruhigende Schwarz des Alls und entblößte ein gewaltiges Konstrukt. War dies das Ende? Vor seinem Innersten spielten sich Gedanken ab, wie Söldner oder Piraten seinem Dasein mit einer kleinen Energiewaffe ein Ende setzten um sich dann an seinen Waren zu erfreuen. Er ließ sich auf den Sessel niedersinken, fahl im Antlitz, und stellte zittrig den Bewegungsalarm im Schiff aus, bevor dessen durchdringender Ton und die warnende Farbe den Rest seines Verstandes raubten. Die Konsole vor ihm nahm einen pulsierenden Blauton an, sein Schiff wurde also gescannt. Er erwog seine Möglichkeiten, doch angesichts der Technologie die ihm zur Verfügung stand, war seine Hoffnung aussichtslos. Vielleicht konnte er sich freikaufen. Vielleicht....das Blau endete und eine grüne Anzeige leuchtete auf. Das andere Schiff, oder was auch immer das vor ihm sein sollte, rief ihn scheinbar. Hastig riss er sich zusammen und aktivierte die entsprechende Taste.

 

Die Scheibe des Cockpits verschwand unter einer holographischen Übertragung. Nach anfänglichem Flimmern wurde das Bild deutlich und klar. Mehrere, teilweise verschiedenfarbige, Augen schautet Uvullu neugierig an, „Erbringe Grüße. Hoffe, ihr habt euch nicht zu sehr erschreckt“. Die Stimme klang nüchtern, metallisch und computerverzerrt, doch Uvullu nahm sie einen großen Goldklumpen vom Herzen. Es war zum Glück nur der anberaumte Kontakt. Das Wesen vor ihm wirkte zu groß für den Bildschirm, so dass nur der unentwegt sich bewegende helmartige Kopf sichtbar war. Einen Mund oder gar Nase und Ohren konnte Uvullu nicht erkennen, nur die vielen verschiedenen Augen die ihn beobachteten. „Scheint als sei eure Sprache verloren. Ist eine Rekalibrierung des Transmitters notwendig?“ Uvullu konnte nur ahnen, dass der zuckende Unterkörper des Wesens gerade irgendwelche Schalttafeln bediente. „Aeh nein, verzeiht mir meine Sprachlosigkeit. Ich bin euresgleichen bisher noch nicht begegnet. Ich nehme an, ihr seid meiner Einladung zu diesem Treffen gefolgt?“ Mit jedem Wort kehrte Uvullus Fassung ein Stück weiter zurück. „In der Tat. Ich bin Ju-Cius C13, und ihr sagtet ihr hättet etwas für mich zum untersuchen?“ „Ja ich...“ weiter kam Uvullu nicht, denn sofort wurde er in dunkelblaues Licht gehüllt, unter ihm verschwand der Boden und er fiel....einen kurzen Moment und landete sicher direkt vor dem Wesen, wohl auf dessen Schiff. Auf dem Bildschirm konnte er holographisch sein eigenes, nun gähnend leeres, Cockpit erspähen. Das Wesen vor ihm war gigantisch. Schwere metallene Beine stützen einen monströsen Korpus, mit vielen verschiedenen Gliedmaßen unterschiedlicher Größe und Länge. Im Zentrum des Wesens war etwas, was wie ein festgeschnalltes humanoides Wesen aussah, das in einer Art Anzug steckte. Die verschiedenen Arme waren unentwegt die verschiedenen Tafeln, Anzeigen und Schalter nutzend, die auf der ebenfalls sehr großen Konsole vor dem Wesen angebracht waren. Der behelmte Kopf von Ju-Cius wandte sich Uvullu zu, der noch schnell seine Kutte richtete, und da drunter unbemerkt zwei Tentakeln um Glück bittend kreuzte.

„Aeh, vielen Dank für den,...nunja...Transport. Mir wäre jedoch lieber gewesen ihr hättet gefragt...“setzte Uvullu an, doch ein rasselndes Geräusch war lediglich die Antwort. Der Helm des Wesens wippte auf und ab. Es sah grotesk aus, wie der Anzug vibrierte und der gewaltige Korpus dennoch weiter die Konsolen bediente. Es schien, als würde das Wesen unter einem starken Anfall leiden. Doch nachdem er die Szene eine Weile beobachtete kam er zu dem Schluss, dass Ju-Cius wohl über einen ihm nicht bekannten Scherz lachte. „Verzeiht. Manchmal vergesse ich zu fragen. Zeit ist schließlich kostbar, wenn auch relativ.“, schnarrte Ju-Cius zurück. Die Hände seines Anzuges bedienten ein paar Knöpfe an dem starren Rahmen, an welchem der Anzug befestigt schien, und schon löste sich unter einer sichtbaren Dampfentweichung der Anzug von dem Korpus. Sicher und geübt setzte Ju-Cius seine eigenen Füße auf den Boden, und wirkte mit einem Mal auch nicht mehr so fürchterlich bedrohlich wie noch vor wenigen Herzschlägen.

 

Uvullus bernsteinfarbene Augen musterten nun auch die Umgebung. Er befand sich augenscheinlich in der Kommandozentrale des Schiffes, die aber gleichzeitig auch einem Labor ähnelte. Seine Augen weiteten sich mit einem Mal, als er in einer Ecke einen kleinen Berg von Anzügen und deaktivierten Exoskeletten, denn nichts anderes schien auch das immer noch arbeitende Gerüst des Anzuges zu sein, erblickte. Doch es schien sich nicht um leere Anzüge zu handeln, vielmehr wirkte dieses Sammelsurium so, als fehlte nur der Lebensfunke um sich zu erheben. Selbst einige stumpfe Augen reflektierten aus den Helmen heraus die Lichter der Konsolen. Ju-Cius Augen waren seinem Blick gefolgt. „Keine Sorge. Das bin ich, bzw. einige meiner vorherigen Versionen und Experimente“, und als er das Unverständnis in den Augen von Uvullus bemerkte fuhr er fort „nun, ich bin Wissenschaftler. Was wäre ich für ein Quant'Volt, wenn ich nicht versuchen würde auch mich zu verbessern?“ Damit wandte er sich eifrig suchend der Robe von Uvullu zu. „Wolltet ihr nicht, dass ich etwas für euch untersuche?“ „In der Tat“, Uvullu rang um Fassung, und konnte sich schwer durchringen das Durcheinander von Ju-Cius alten Ichs hinter sich zu lassen, „doch habt ihr mich ohne Vorwarnung hierhin transportiert. Natürlich ist der Gegenstand noch auf meinem Schiff“ „Oh. Ohhhhhh, ja natürlich. Wie gedankenlos von mir. Nun es wird das beste sein, euer Schiff zu mir an Bord zu holen, damit wir die erforderliche Ruhe haben, es zu untersuchen. Heute sollte man nach Möglichkeit nicht ungetarnt in der Nähe vom Asparin Quadranten verweilen.“

 

Ju-Cius wandte sich wieder seinem aktuellen Exoskelett zu, während Uvullus Blicke zwischen ihm und den alten Ju-Cius hin und her wanderten. Die anfängliche Panik war aber langsam dem Gefühl der Sicherheit gewichen. Auf diesem Volt Schiff unterstand er dem Schutz einer ganz anderen und mächtigen Fraktion. Die Bedrohung durch die wütenden Clans waren somit weit entfernt, viel weiter als in den letzten Monaten. Zudem war die Technologie die er hier erlebte unvergleichlich mit allem, was er bisher kannte. Eine Tarnung? Für ein Zivilschiff dieser Größe? Unfassbar, und wohl in seinen Regionen unbezahlbar. Doch vielleicht konnte man hier ein künftiges Geschäftsfeld erschließen. Zufrieden und leicht ermattet ließ er seinen Körper langsam auf so etwas wie einem Sessel gleiten, und ließ seinen Gastgeber und Geschäftspartner sein kleines Schiff von den Traktorstrahlen erfassen und in den Hangar ziehen.

 

 

15.03.2017

 

Die schweren Flügel der Tür schlossen sich hinter Ashura. Sie geriet leicht ins Wanken und stützte sich an der Säule zu ihrer Linken ab. Es kostete sie Tag für Tag mehr Kraft, der Versammlung vorzustehen. Bald würden die Clans eine neue Herrin bestimmen, und sie könnte sich endlich zu den ihren gesellen. Eine schwache Angst hallte in ihrem Kopf, so wie jedes mal bei diesem Thema. Würden all ihre Opfer am Ende des Weges auf sie warten? Und mit ihren Klauen und Zähnen an ihr zerren, bis nichts mehr von ihrem Stolz oder ihrem Wesen zurückblieb? Ashura schüttelte kurz ihr Haupt. Ein grimmiges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Müßiggang. Grübeln. Der erste Schritt ins Grab.
Mit einem kurzen Stoß richtete sie sich wieder auf und schritt weiter voran, Kleidungsstück und Kleidungsstück auf ihrem Weg zurücklassend. Was sie nun brauchte, war ein Gang in ihre heiße Therme, abschalten, vergessen, treiben lassen....Kraft schöpfen. Der Gedanke an die Kraft des Rufes ihrer Stimmen sandte wohlige Signale in ihren Körper und verlieh ihr mit jedem Schritt neue Energie. Das Obsidianbecken vor ihr hieß sie willkommen, sprudelte und zischte, erwärmt von den Quellen aus den Tiefen Wohurds. Sanft glitt sie in das Wasser, ließ es ihren Körper umschlingen und tauchte völlig ein.

 

Deine Rede war gut“, vernahm sie, als sie wieder auftauchte. Sie behielt die Ruhe und zog sich auf einen der unter der Wasserlinie befindlichen Bänke empor. Betont langsam strich sie das heiße Wasser aus ihrem Gesichtspelz, und ihre gelben Augen suchten dabei angestrengt nach ihrem Besucher. Hinter einer der Säulen trat ein Schatten hervor. Ashura gluckste schnippisch, wie die einstmals junge Welpin, die sie vor Urzeiten einmal war. „Nun, wolltest du dir deine Beute anschauen, dass du dich hier so anschleichst?“, säuselte sie ihm mit vorgeschobener Heiterkeit entgegen. Der Krieger vor ihr erwiderte ihren Blick eisern, und ein wie immer irritierendes Flimmern lag in seinen eisig blauen Augen, die als einziges Merkmal außer dem massiven tiefschwarzen Fell erkennbar waren. Ashura wusste, dass er sehr wohl angekleidet und bewaffnet war, doch ohne dieses Wissen hätte sie auch annehmen können, dass er entblößt vor ihr stand. „Glaubt mir edle Herrin, wäret ihr meine Beute, in jeglicher Hinsicht, so wüsstet ihr es.“ entgegnete der Schatten. Ashuras Lachen bellte kurz durch den Raum, ohne jegliche Leidenschaft oder Humor. „So siehst du aus Garesch, Sohn von Thruunba.“, sie stand auf, und ließ das Wasser nun von ihrem ganzen Körper herablaufen. Da er sich zu erkennen gegeben hatte, war er wohl nicht hier um den Clans jetzt schon zu einer neuen Herrin zu verhelfen. Ohne jegliche Regung wanderten seine Augen über ihren Körper, was trotz all ihrer Beherrschtheit einen Funken Zorn in ihr auslöste. Doch er schien es nicht zu bemerken, oder es war ihm schlicht egal. „Auf Asparin haben wir etwas verloren, etwas das nicht verloren sein darf.“setzte er an, doch wurde er durch eine Geste ihrer Hand unterbrochen. „Für wie dumm hältst du mich? Denkst du, ich weiß nicht, was diese Aasgeier von unserem Volk stahlen? Das ich die Versammlung täuschen musste, um ihm einen gnadenvollen Tod zu geben? Nicht einmal sein Weibchen weiß es“ verärgert ging Ashura zu einer der Trockenkammern, die das Becken flankierten. Garesch blieb regungslos stehen, so dass eine kurze Stille entstand. Ashuras Zorn loderte höher, doch diesmal behielt sie sich im Griff. Schlimmer, als die Clans eine neue Herrin wählen zu lassen und ihr Leben zu beenden wäre es, wenn die Männer eine Schwäche bemerken würden und das alte Recht der Versammlung angreifbar wäre. Keine der Frauen machte sich hier eine Illusion. Die Krieger Wohurds, gefürchtet auf allen Schlachtfeldern der bekannten Planeten, gierten und lechzten nach ihrer Selbstbestimmung. Und nur Einigkeit und Stärke der Frauen konnte dem entgegen stehen. „Ich bin nicht hier, um euch zu belehren Herrin“, langsam, und einen kurzen Moment lang scheinbar auch widerwillig, beugte sich Garesch auf ein Knie herab, „vielmehr bin ich hier, um unter Einsatz meiner Fähigkeiten dieses Problem zu beseitigen.“ Ashura war kurz sprachlos. Garesch war kein Narr, geschweige denn ein Idealist. Sein Ruf war nur halb so groß, wie seine Fähigkeiten es tatsächlich waren. Wie oft war er das Messer in der Nacht, wo all ihre Krieger und Generäle versagt hätten. Und doch hatte der Einsatz dieses Messers stets einen Beigeschmack. Denn die Geheimnisse, zu denen er Zugang hatte, konnte sie mit sonst kaum jemanden teilen. „Was willst du dafür“ fragte sie ihn, das schlimmste erwartend. Doch wenn es ihm gelänge...“sein Weib. Ich möchte das Bindungsrecht mit Whara erhalten. Das ist nicht verhandelbar.“ Ashura war verblüfft. Sie hatte mit allem gerechnet, doch damit? Das war Irrsinn! Whara war nun eine der Stimmen. Dem Volk gebunden, nicht Whara's eigenem Leben. Sie überlegte kurz. Würde Garesch scheitern, hätte sie nichts verloren. Er, der Träger so vieler dunkler Geheimnisse, würde mit einem Schlag viele ihrer Bedenken zerstreuen. Bei Erfolg winkte hingegen die Möglichkeit, eine weitere Angelegenheit die ihre Herrschaft gefährdete diskret zu beenden. Doch das hieße uraltes Recht zu brechen, ohne eine Begründung oder gar ein Beispiel aus der Vergangenheit hierfür zu haben. Ihre gelben Augen fixierten das eisige Blau, dass starr auf sie gerichtet war. Langsam senkte sich zustimmend ihr Kopf und ein eiskaltes Lächeln blitze ihr kurz entgegen. Wenige Herzschläge später war sie wieder alleine in ihrer Kammer, und das frisch getrocknete Fell wirkte etwas kühl in dem offenen Raum.

 

 

 

08.03.2017

 

Der Wind riss heftig an seiner Kutte. Uvullus Tentakeln zogen sie sofort enger um seinen unförmigen Körper. Seine Bernsteinfarbenen Augen suchten beinahe schon verzweifelt die Umgebung ab, hier im dunklen und verlassenen Teil Pinari Citys, der Hauptstadt von Asparin III. Mit einem sehr leisen Fluchen drängte er die Gedanken zurück, von seinen Geschäftspartnern betrogen worden zu sein. Was sollte es ihnen nützen? Niemand würde ihnen mehr dafür zahlen, und er würde sie auch erst gar nicht nach neuen Partnern suchen lassen.
Ein Rascheln ertönte um die Ecke, und nahezu lautlos bauten sich die drei Söldner von Kuuk'ur vor ihm auf. Abschätzig sahen sie zu ihm herab, und versuchten offensichtlich erst gar nicht, dies vor ihm zu verbergen. Er erkannte den sensiblen Moment, denn ein Fehler, und diese unmoralischen Viecher vor ihm würden ihn zu Bschekk Beete verarbeiten. Nach einem Moment des Schweigens, das Uvullu dazu nutzte, seinen Umhang mittels seiner Tentakeln etwas voluminöser aussehen zu lassen, ergriff er schließlich mit einer hohen flatternden Stimme das Wort „habt ihr euren Teil des Handels eingehalten?“. Der Wortführer der drei zog die Augenbrauen zusammen, zumindest das, was Uvullu allgemein für Augenbrauen eines Kuuk'uri hielt, und grunzte ein „Natürlich.“ mit starkem Akzent hervor. Uvullus Herz machte einen Satz nach vorne, und nur mühsam konnte er sich ein breites Grinsen unterdrücken. Schon sein Vater hatte ihn stets ermahnt, dass er im Gegensatz zu den anderen Konglomeratsmitgliedern viel zu sorglos mit seinem Mienenspiel war. Langsam fuhr er eine seiner Tentakeln aus.
Der Kuuk'uri starrte kurz drauf und nestelte dann mit seiner behaarten Pranke an seinem Rücken herum. Kurz blitzte vor Uvullus Augen die Vorstellung auf, dieses Etwas würde eine Waffe ziehen und sein Leben hier und jetzt beenden, doch die Vorfreude verdrängte sie sogleich. „Hrmmm“ setzte der Wortführer erneut grunzend an, „etwas schwerer gewesen. Wir mehr! Doppelt!!“ und schlug sich dabei bekräftigend mit der freien Hand auf den Brustharnisch. Seine Kameraden wackelten hierzu wild und wahrscheinlich Zustimmung signalisierend ebenfalls mit ihren Köpfen. Uvullu sah von einem zum anderen und setzte sein naivstes und unschuldigstes Gesicht auf. Er freute sich, dass es so einfach war, diese Kuuk'uri reinzulegen. Er hätte auch das Zehnfache gezahlt, da er den Wert der Ware kannte. Langsam nickte er dem Wortführer zu, scheinbar geschlagen ob dessen Verhandlungsposition. Die mittlerweile hervorgeholte Pranke öffnete sich, und eine unscheinbare Kette mit einem roten Edelstein wechselte den Besitzer. Uvullu zog die Tentakel sofort ein und klammerte die Kette an sich. Er nestelte zudem mit seinen anderen Tentakeln eifrig herum, nur um schließlich die bereits vorgefertigten Bezahlungschips hervorzuholen. „Nun gut, das Doppelte“, sagte er deutlich resigniert.

 

Der Wortführer der Kuuk'uri griff hastig nach den Chips, schnaubte seinen Kameraden noch etwas zu, und machten sich ebenso wachsam wie lautlos auf, den Übergabeort zu verlassen. Doch Uvullu brannte eine Frage seit Tagen auf der Zunge, und er konnte sich nicht beherrschen. „Bleibt ihr auf Asparin? Einen kräftigen Arm kann ich stets gut gebrauchen und auch mehr als ausreichend entlohnen..“. Die pechschwarzen Augen des Wortführers fixierten ihn, und er meinte das Glimmen von Unmut in ihnen zu erkennen. „Nein, unser König nicht wahnsinnig. Niemand bleiben, Wohurd kommen wieder. Tod wartet“, und noch bevor Uvullu erneut etwas erwidern konnte, waren sie hinter der nächsten Ecke verschwunden.

 


Es blieb ein mulmiges Gefühl, doch die Ware fühlte sich warm auf seiner Tentakel an. Was wussten die Kuuk'uri schon, welchen Wert sie ihm gebracht hatten. Den Bindungstalisman eines Wohurdweibchen. Den Bindungstalisman des Kommandanten der Angreifer, einen sicherlich berühmten und gefürchteten Wohurdkriegers. Auch wenn diese Wolfsaffen nicht viel Sinn für Verhandlungen über hatten, so war Uvullu felsenfest davon überzeugt, dass ihm dieses äußert seltene Artefakt großen Reichtum bescheren würde. Nur nicht hier, auf Asparin, denn in einem hatten die Kuuk'uri recht....niemand erwartet zweimal die Flotten der Wohurd.
Erneut zog er sein Gewand eng um seinen Körper. Ihm war gar nicht bewusst, dass er fast sämtlicher Wärme verlustig geworden war. Mühsam setzte er sich in Bewegung, denn das rissige Pflaster war nichts für seine vielen Saugnäpfe. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen steuerte er bebend vor Kälte seinen Transporter an, der zum Glück nicht weit entfernt stand. Lediglich sein neuer Schatz wärmte ihn, und das Leuchten der Bernsteinaugen glomm sanft in der Nacht.

 

01.03.2017

Whara
beobachtete, wie der letzte Funken Leben aus den einst so stolzen Augen verschwand und sich die stets grimmigen Gesichtszüge entspannten. Ihre Gefühle tobten in ihr, als sie sich langsam von Ihrem einstigen Gemahl, Ihrem Streiter, abwandte.
„Der Schmerz hat ihn befreit und ihm seine Ehre wiedergegeben“ Ashuras Augen brannten sich tief in die von Whara. Whara wusste, der leiseste Hauch von Bedauern, ein Anflug des Verlustes, würde ihrem Leben nun irreparablen Schaden zufügen. Also entschied sie sich, nichts zu sagen, und den Blick ruhig zu erwidern. „Komm Kind, es ist Zeit deinen Platz in der Versammlung einzunehmen“, die Hand von Ashura löste sich von Wharas Schulter, und langsam wandte sich die Herrin um und ging Richtung Versammlungshalle. Die anderen Frauen schlossen sich dieser Prozession nach und nach dem Rang entsprechend an, und die Grube, in der Whara zunehmend alleine stand, leerte sich.

 

Sie gestattete sich einen kurzen Blick auf den grotesk verdrehten Leichnam und den Anflug einer Gefühlsregung für ihn. Er hatte es verdient, nach den Gesetzen ihrer beider Volkes. Oder nicht? Sein Kreuzer war besiegt und seine Mannschaft getötet worden, doch er hatte überlebt. Vom Abgrund seines Todes hatte er sich zurückgekämpft in das Leben, um nun in der Grube zu enden. Das Leben verdient man sich nur mit dem Sieg, und den hatte er nicht aufzuweisen. Whara riss sich von dem was war los, streifte ihre Gefühle ab. Sein Tod hatte ihr das Leben in Schande oder gar den eigenen Tod erspart. Nun würde sie ihren Platz in der Versammlung einnehmen und die Geschicke ihre Volkes mit entscheiden können. Sie schloss sich ruhigen Schrittes der Prozession an und schloss die Türen der Grube hinter sich, während die Schandbefleckten sich bereits ans Werk machten und die Grube wieder her richteten,...und die letzten seiner Spuren in diesem Leben beseitigten.

 

Zum ersten Mal erblickte sie nun das Innere der Versammlungshalle des Planeten Wohurd. Gigantische Obsidiansäulen ragten aus einem Boden von schwarzem Basalt und trugen endlose reich verzierte Emporen. Die Frauen der Gefallenen, zu denen sie nun auch gehörte, nahmen auf diesen ihre Plätze ein. Sie waren keine Krieger, keine Generäle und auch keine Ehefrauen und Mütter mehr. Sie waren nur noch Stimmen, die einzig und alleine ihrer aller Herrin dienten...Ashura, der Vernarbten.

 

Ashura's Thron erhob sich in der Mitte der Halle aus einer Pyramide von Schädeln. Auch er selbst war ein riesiger Schädel eines vor Urzeiten erlegten Giganten des Weltalls, in welchen man einst die Sitzfläche für die Herrinnen der Wohurd geätzt hatte. Whara stellte fest, dass es Ashura schwer zu fallen schien, die Pyramide zu erklimmen und ihren Platz einzunehmen. Auf ihrer Empore wurde es sogleich unruhig, und die anderen Stimmen tuschelten ob der Schwäche der Herrin. Whara war zwar mitten unter ihnen, doch war sie auch ganz allein. Verstohlene Blicke streiften ihre suchenden Augen, und das Getuschel sank in seiner Lautstärke spürbar ab, wenn ihre Ohren sich in die Richtung drehten. Es war hier nicht besser als in der Brutschule, dachte sie. Trotzig blickte sie nach vorne und richtete ihren Blick ganz auf den Aufstieg von Ashura. Allianzen würden ihr von alleine angeboten werden, denn das war immer so. Alleine blieb nur derjenige, der sich bewusst aus allem herauszog, und das hatte sie gewiss nicht vor.

 

Eine flüchtige Bewegung spürte sie am Arm, und sie wandte sich betont ruhig nach der Besucherin um. Irritierende grün-gelb gesprenkelte Augen fokussierten sie unter einer roten Robe aus feinstem Ianat. Diese Stimme war etwas kleiner als sie selbst, hatte aber außerordentlich ebenmäßige Züge. Whara fand sie mit einem Hieb sympathisch. „Gib nichts auf die anderen“ surrte die Stimme, „sie vergessen zu schnell, dass auch sie einst neu hier waren. Ich bin Qero, eine Drittinitiierte.“ Whara erwiderte mit einem freundlichen Nicken. Unnötig sich vorzustellen, denn alle hatten ja vor kurzem erst der Hinrichtung ihres Gemahls beigewohnt. „Lass die anderen nicht merken, dass dich sein Tod noch irritiert“, Queros Blick ging an Whara vorbei und fixierte den Aufstieg von Ashura, „und keine Sorge, ich respektiere, dass du diese Eindrücke erst alle verarbeiten musst“. Sanft zwickte sie Whara in den Arm, die ihrerseits wiederholt dankbar und schweigend nickte und sich ebenfalls erneut Ashura zuwandte.

 

Die Herrin hatte mittlerweile ihren Thron erreicht und nahm überraschend elegant auf diesem Platz. Die großen Holowände flammten auf und schalteten die Stimmen der anderen Welten in die Versammlungshalle. Nachdem Sie den Stimmenübertragungsring um ihren Hals gelegt hatte erhob Ashura tief und kraftvoll das Wort an die Versammlung. „Stimmen Wohurds, es wird Zeit zu entscheiden, wie wir die Niederlage von Asparin III rächen werden. Das niedere Madhen Konglomerat hat unsere Flotte abgefangen und mit List und Tücke zerstört. Die Galaxie lacht bereits über uns. Und ihr alle wisst, dass ihr Lachen, das unser Gesichtsverlust, die Clans eines Tages zerstören kann. Wie denken die Stimmen, wonach schreit unser Volk, welch Schicksal soll das Konglomerat treffen?“ Auch Whara's und Quero's Kehlen fielen sofort in den bedrohlichen und eintönigen Singsang ein, als der Ruf „Tod Tod Tod Tod Tod Tod...“ um die Obsidiansäulen waberte und nach oben drang und sich in die Schwärze des Alls ergoss...